Herzlich Willkommen zum Seminar „Das Erbe der Teaching Machines“ (Sommersemester 2024)

Dieser Beitrag stellt die Idee zum Seminar, den Ablauf und die Lernziele vor.

Warum ein Seminar zum Thema „Teaching Machines“?

Teaching Machines oder Lehrmaschinen klingen im Jahr 2024 seltsam antiquiert, tatsächlich wurden mit den bildungstechnologischen Initiativen in den 1960er- und 1970-er Jahren Grundlagen gelegt, die heute noch wirksam sind. Darum ist der Blick zurück in die Geschichte des technologisch-unterstützen Lehrens und Lernens wichtig, um die Diskussionen um Künstliche Intelligenz und die Auswirkungen auf die Bildung einordnen zu können. Auch wenn sich über die Jahre sehr vieles im Bereich der Bildungstechnologien geändert hat, die Argumente, die für oder gegen den Einsatz der Technologien in Schule und Hochschule vorgebracht werden, haben sich wenig verändert.

Teaching Machines zeigen auf, welche Rolle Technologien in der Bildung spielen können und sollen. Dazu gehört insbesondere der Wunsch nach Flexibilisierung und Individualisierung, was wichtige Werte für kapitalistische Gesellschaften wie in den USA sind. Mit Teaching Machines lassen sich Kosten senken, da sie skalieren und beliebig viele Lernende betreuen können. Dadurch soll das Bildungssystem effektiver und produktiver werden. Teaching Machines sind auch ein Beispiel für einen Bildungsmarkt, da man mit ihnen Geld verdienen kann (Lernen wird zur messbaren Ware). Durch die Digitalisierung steigt die Attraktivität weiter, da die anfallenden Daten aus den Lernprozessen für die Unternehmen zu einem wichtigen Instrument für die Gestaltung von adaptiven Teaching Machines werden. Hierbei spielt KI eine große Rolle, da sie innerhalb der Masse an Daten Muster erkennen können, die zu Empfehlungen für die nächsten Lernschritte verwendet werden (ähnlich wie die Empfehlungen auf Internet-Plattform wie Amazon oder Netflix).

Der Blick zurück auf das Erbe der Teaching Machines ermöglicht, die Zusammenhänge aus technologischen Versprechen („Lehrmaschinen machen den Unterricht besser“), gesellschaftlichen Erwartungen und pädagogischen Reaktionen zu verstehen. Auch in späteren Zeiten gab es mit der Einführung neuer Technologien („E-Learning“, Web 2.0, Künstliche Intelligenz) ähnliche Muster und erstaunlicherweise setzten sich diese auch dann fort, wenn sich die Versprechen nicht realisierten. 

Die US-amerikanische Autorin Audrey Watters analysiert in ihrem Buch Teaching Machines diese Zusammenhänge und schreibt dazu:

“Aber Teaching Machines ist nicht nur eine Geschichte über Maschinen. Es ist eine Geschichte über Menschen, Politik, Systeme, Märkte und Kultur. Es ist die Geschichte der Bildungstechnologen, Bildungspsychologen, Bildungsverleger und Bildungsreformer des zwanzigsten Jahrhunderts, die Maschinen bauten und verkauften (oder zumindest versuchten, sie zu bauen und zu verkaufen), von denen sie behaupteten, sie könnten den Selbstunterricht automatisieren und ein personalisiertes oder, wie sie es gerne nannten, „individualisiertes“ Bildungssystem schaffen. Es ist eine Geschichte darüber, wie das Bildungswesen zu einer Technokratie wurde, und es ist eine Geschichte darüber, wie die Bildungstechnologie zum großen Geschäft wurde. Es ist eine Geschichte darüber, wie die Wissenschaft des Lehrens und Lernens sowie unsere Vorstellungen vom Lehren und Lernen verändert wurden.” (S. 9)

Diese Perspektive bietet eine Grundlage für die Analyse vergangener und aktueller Fälle, in denen mit Bildungstechnologien versucht wird, die Bildung zu verbessern. Anhand von Beispielen aus der Geschichte der Bildungstechnologien soll die Anwendung und Erprobung diskutiert werden. Als Material dienen historische Zeitungsartikel sowie Erfahrungen der Seminarteilnehmer/innen. 

Wie läuft das Seminar ab?

Das Seminar besteht aus Selbstlernphasen und zwei Online-Präsenzterminen. Zu Beginn erfolgt eine Einführung in die Grundlagen und die oben genannte Analyse-Perspektive wird vorgestellt. Dazu wird begleitendes Material (Texte, Präsentation und Audio-Kommentar) zur Verfügung gestellt. 

Im zweiten Schritt werden die Grundlagen im Kontext historischer Beispielen praktisch erprobt. Dazu stehen Zeitungsartikel zur Verfügung, die anhand der eingangs vermittelten Perspektive kritisch analysiert werden. Es geht also darum, bestimmte Muster zur erkennen, die prägend für die Debatten zur Rolle von Bildungstechnologien in Schule und Hochschule sind. Wenn etwa neue Technologien mit großen Versprechen zur Verbesserung des Lehrens und Lernens angekündigt werden, ist es wichtig genau hinzuschauen, von wem diese Versprechen kommen und mit welchen empirischen und theoretischen Argumenten sie begründet werden. 

Im dritten und letzten Schritt soll der Blick nach vorne geworfen werden und Prognosen zu zukünftigen Debatten abgegeben werden. So soll etwa diskutiert werden, ob es im Zusammenhang mit den Entwicklungen von KI zu noch größeren Versprechen zur Reform der Bildung kommen wird.

Termine 

Das Seminar hat zwei Online-Präsenzsitzungen

1.) 24.05.20024, 18-20 Uhr

2.) 15.06.2024: 09:30-16:30 Uhr

Zur Vorbereitung auf die Online-Termine werden verschiedene Materialien zur Verfügung gestellt. 

Zur Einführung in das Buch „Teaching Machines“ von Audrey Watters gibt es hier einen Audiokommentar.

Erwartungen an die Teilnahme

Das Seminar richtet sich an Studierende der Bildungswissenschaft mit Interesse an sozialen und kulturellen Auswirkungen von Technologien in Schule und Unterricht. Das Phänomen der Digitalisierung der Bildung stellt aus bildungswissenschaftlicher Sicht einen zentralen Untersuchungsgegenstand dar. Hierzu werden im Seminar Grundlagen vermittelt und Anwendungsbeispiele diskutiert.

Für eine erfolgreiche Seminarteilnahme notwendig ist die Bereitschaft, sich eigenständig Grundlagen zur Analyse der Zusammenhänge von Bildungstechnologien und gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Aspekten zu erarbeiten (teilweise in englischer Sprache). Empfohlen werden Lerngruppen zur Diskussion und Vertiefung der Grundlagen sowie zur praktischen Erprobung anhand historischer oder aktueller Fallbeispiele. Dazu werden in den Online-Präsenzterminen gemeinsam Präsentationen erstellt und im Plenum diskutiert, d.h. erforderlich ist die Bereitschaft zur Gruppenarbeit. 

Unterstützung während des Semesters

Für Fragen biete ich regelmäßige Sprechstunden per Zoom an. Terminabsprachen bitte per Email (markus@drdeimann.de).

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